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Angewohnheiten ändern – Changing Habits (Teil 2)

Im ersten Teil dieses Zweiteilers, „Alte Angewohnheiten, neue Angewohnheiten – Changing Habits„, ging es um die drei Arten der Änderungen von Angewohnheiten und ihre Schwierigkeitsgrade. Ich habe dir die 5 Auslöser von Automatismen und Angewohnheiten gezeigt. Jetzt gehen wir genauer darauf ein, wie man sie ändern kann.

Angewohnheiten ändern – Changing Habits

Suche dir eine Angewohnheit aus, die du verändern möchtest. Nur probehalber. Eine. Denke über die Angewohnheit nach. Was ist der Auslöser? Wann führst du sie aus?  Was ist die Belohnung, die dein Gehirn erwartet? Ich suche mir auch ein Beispiel aus: Der Espresso nach dem Mittagessen. Damit spiele ich jetzt den Weg für dich durch. Mach du das auch mit deiner Angewohnheit.

  • Wann trinke ich den Espresso: Immer nach dem Mittagessen
  • Welche Belohnung erwartet mein Gehirn: Einen Wach-Leistungs-Glücks-Kick. Wer´s genau wissen will: Koffein hemmt GABA-, Adenosin- und ATP-Rezeptoren. Anschliessend kommt es zur Freisetzung von Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin (1).
  • Welche Handlung geschieht vor dem Espresso-Trinken: Das Mittagessen. Ich trinke ihn direkt danach, egal ob alleine zuhause, oder mit Kollegen in der Arbeit oder auf einem Seminar im Hotel.

Hier alle Fragen für dich:

  1. Zu welcher Zeit/ welchem Zeitpunkt führst du deine Angewohnheit aus? Wann würdest du sie nicht ausführen? Das muß keine Uhrzeit sein. Denke an: Immer wenn ich in die Küche komme, gehe ich zum Kühlschrank.
  2. An welchem Ort führst du sie aus und wo würdest du es nicht tun?
  3. Wie fühlst du dich kurz davor?
  4. Sind andere Menschen mit dabei? aktiv sogar? wie?
  5. Was machst du direkt vor deiner Angewohnheit?

Diese Fragen solltest du bearbeiten, damit du dir die Hintergründe über deine Angewohnheit bewusst machst. Ansonsten handelst du wie ein programmierter Roboter oder pawlowscher Hund.

Denke sehr genau über diese Fragen nach. Gehe in Ruhe in dich und schreibe es jeweils auf. Die innere Achtsamkeit hilft dir. Wenn du die Augen schließt und darüber meditierst, kannst du sogar an dein Unterbewusstsein über deine Angewohnheit rankommen. Die Informationen, die dann fliessen, sind oft noch viel wertvoller.  Wenn du schließlich deinen Trigger, den Reiz, deiner Angewohnheit kennst, kannst du dich an die Änderungs-Strategie machen.

Leicht: Die Angewohnheit ändern

Jetzt überlege dir, was du an deiner Angewohnheit ändern willst. Denke an die Schwierigkeitsgrade aus dem ersten Teil dieses Artikels. Am einfachsten wäre es, die Angewohnheit zu belassen und nur etwas an ihr zu ändern. Schwieriger wird´s, die Angewohnheit ersatzlos zu streichen. Also?

Ich will das Espresso-Trinken nach dem Mittagessen weglassen und auf ihn verzichten.

Erster Schritt: Die Angewohnheit belassen, aber abändern.

Ich trinke also weiter Espresso, ändere aber etwas daran. Ich wechsle auf entkoffeinierten Espresso. Der Geschmack bleibt. Ich hoffe auf den Placebo-Effekt (2). Beim Kaffee wäre das die Programmierung durch die Sinneseindrücke Geschmack und Geruch, die mir Vorgaukeln würden, es wäre der „normale“ Espresso und ich würde keinen „Entzug von der Droge Koffein“ bemerken. Mal schau´n.

Mach eine „Challenge“ draus

Ich zeige dir ein paar Hilfsmittel und Tricks.

  1. Mach eine Challenge draus. Einen Plan. Eine Herausforderung mit Zeitangabe, Zielbeschreibung und den Weg dorthin. Du kannst dich an dem Plan zur Kalt-Duschen-Challenge orientieren. Bei mir könnte das sein: 40 Tage keinen koffeinhaltigen Espresso nach dem Mittagessen trinken.
  2. Erzähle es weiter. Sags deinen Kollegen in der Arbeit, deiner Familie zu Hause, poste Bilder in deinen Social-Media-Kanälen. Schreib einen Blogbeitrag. Das schafft eine Art „innerer Druck – das muss ich jetzt aber schaffen“. Oft erhältst du aber auch Zuspruch oder Warnungen von deinem sozialen Umfeld: „Ich dachte, du trinkst nur noch entkoffeiniert?“
  3. Leg eine Belohnung fest. Die Belohnung soll messbar sein, beispielsweise in Geld oder Zeit. Wenn du deine Challenge geschafft hast, dann belohne dich mit etwas, das du dir sonst nicht gönnst. In meinem Falle: Ich gehe einmal unter der Woche später zur Arbeit und vorher in ein tolles Frühstückskaffee und frühstücke dort das Beste was sie auf der Frühstückskarte haben. Dazu trinke ich entkoffeinierten Kaffee. Das recherchiere ich und lege den Wert in Zeit und Geld fest.
  4. Leg fest, was mit der Belohnung geschieht, wenn du es nicht schaffst. Sollte ich meine Challenge nicht schaffen, dann spende ich das Geld, das ich für mein mondänes Frühstück und den Gegenwert für die Freizeit von der Arbeit erhalten hätte, an eine mir sehr unangenehme Stelle oder Organisation. Das soll ruhig etwas „schmerzhaft“ sein und Widerstände hervorrufen. Bei mir könnte das z.B. eine Parteispende für die AfD oder NPD sein.

Vorteil: Mit diesem kleinen Schritt wecke ich die inneren Widerstände nicht so sehr. Der Schweinehund bleibt ruhig und schläft weiter. Ganz im Gegenteil verliefe es, wenn ich sofort die ganze Angewohnheit wegliesse, also von einem Tag auf den anderen keinen Espresso mehr nach dem Mittagessen tränke.

Mache nun ein erstes Zwischenfazit: Wie geht es dir? Wie schwer fiel dir die Veränderung? Bist du bereit für den nächsten Schritt? Brauchst du noch so einen vorsichtigen oder traust du dich etwas weiter vor?

Zweiter Schritt: Die geänderte Angewohnheit weiter verändern

Du hast nun deine Angewohnheit verändert und bist gerade dabei sie zu etablieren. Der Schritt war nicht so groß, dass er dich überfordert hätte. Du bist motiviert, hast dir deine Belohnung gegönnt und vielleicht sogar die Anerkennung der Menschen deiner Umgebung. Das ist schön. Machen wir weiter im Espresso-Kill.

Ich würde mir nun zutrauen, den jetzt entkoffeinierten Espresso jeden 2. Tag nach dem Mittagessen wegzulassen. Seien wir mal ehrlich: Ich weiß doch, dass da kein Koffein mehr drin ist. Also was soll das? Da kann ich auch damit anfangen, ihn wegzulassen. Damit mir das nicht so schwer fällt oder doch die inneren Saboteure kommen, gönne ich ihn mir noch jeden zweiten Tag. Erst mal.

Ich mache wieder eine Challenge für 40 Tage: Jeden zweiten Tag lasse ich den Espresso nach dem Mittagessen weg. Ich gehe wieder die 4 Punkte wie beim ersten Schritt durch.

Deine nächsten Schritte sind analog dem zweiten. Gib dir so viele Schritte, wie du brauchst. Du hast Zeit. Schließlich wurde Rom auch nicht an einem Tag erbaut. Also arbeite an deinem Ziel, gönne dir aber die kleinen Schritte.

Angewohnheit der Angewohnheits-Änderung

Irgendwann bist du bei deinem x-ten Schritt oder deiner soundsovielten Angewohnheit, die du änderst. Dein Unterbewusstsein wird neu programmiert. Der zusätzliche Programm-Code heisst: Du bist im ständigen Zustand der Änderung einer Angewohnheit. Dein Unterbewusstsein sagt sich irgendwann: Aha, ok. Was kommt nun? Aha. Jetzt will er mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren. Ts. Dann mach halt *gähn*

Du kannst das nach und nach steigern. Beginne mit einer kleinen Test-Angewohnheit, bevor du dich an die ganz große Nummer wagst. Lerne dich und deine Handlungsmuster kennen, krieg heraus, wie du tickst und programmiert bist. Dann arbeite damit. Mache dir das Wissen zu nutze und handle nicht dagegen.

Es liegt an deinem Gehirn

Du weisst nun, wie du tickst. Dein Gehirn ist der Schlüssel von allem. Es stammt aus uralten Zeiten und ist auf Effizienz und Ökonomie angelegt. Es muß Energie sparen. Deshalb funktioniert so viel in Mustern und Programmen, die automatisch laufen. Damit kannst du mit kleinstem Aufwand, am häufigsten und die maximalen Belohnungen einheimsen.

Du bist dafür die kleinste Einheit, ein einzelner Mensch. Das gleiche Prinzip funktioniert auch bei Organisationen wie Familien, Verwaltungen oder ganzen Firmen.

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Quellen:

  1. Steckbrief Koffein, Dr. Jochen Müller, 2015, Internet, dasgehirn.info,
  2. Ich denke, also spinn ich, Daniel Rettig, Jochen Mai, 2012, Deutscher Taschenbuch Verlag, Placebo-Effekt bei Kaffee, S. 181 ff
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