Die Forschung widmet sich seit den 2000er Jahren vermehrt dem Thema Meditation und Gehirn. Sie entschlüsselt mehr und mehr, wie Meditation im Gehirn wirkt. Ihre Ergenisse fliessen in Studien, Fachartikel oder aktuell in Smartphones Apps oder einem Startup, das Gehirnwellen-Meßwerte bei Meditation mittels einer App aufbereitet und Meditierenden ihren Fortschritt aufzeigt.
Aber Meditation ist nicht gleich Meditation. Unterschiedliche Arten der Meditation wirken auf verschidenen Gehirnregionen auf verschiedene Art und Weise. Machst du eine Mantra-oder Bewegungsmeditation wirkt sie auf andere Bereiche deines Gehirns, als beispielsweise eine Ruhe- oder Fokusmeditation. Ich habe ein paar Meditationsarten und ihre Wirkung auf die jeweilige Gehirnregion aufgearbeitet:
So wirkt Meditation im Gehirn in diesen 7 Regionen
Orbitofrontaler Cortex (OFC)
Der OFC ist eine Region vorne an unserem Gehirn-Frontallappen. Hier sitzen Ausprägungen deiner Persönlichkeit und des Sozialverhaltens.
- Funktion: Er ist an den kognitiven Prozessen bei der Entscheidungsfindung beteiligt. Dazu gehören auch Erwartungen aufgrund von Beobachtungen. Zudem bilden sich in ihm die Reaktionen bei unangenehmen Reizen.
- Meditation: Gleichmut, innere Ausgeglichenheit
- Folge: Du wirst dir über deine „automatischen“ Reaktionen bewusst und kannst „anerlernte“ Reaktionen oder Verhalten abbauen
Bild: Polygon data were generated by Database Center for Life Science(DBCLS)[2]., Orbital gyrus animation small2, CC BY-SA 1.0
Rechte Inselrinde (vorderer Inselkortex)
Sie ist ein eingesenkter Teil der Großhirnrinde und wird von den Stirn-Scheitel-und Schläfenlappe verdeckt. Hier geht es um die rechte Inselrinde:
- Funktion: Wahrnehung von Körpergfühlen. Achtsame Wahrnehmung von Empfindungen. Bewusstsein der jetzigen emotionale Zustände.
- Meditation: Achtsamkeitsmeditation, Body Scan, Vipassana Meditation
- Folgen: Die rechte Inselrinde wird bei Meditierenden dicker, bzw. ihre Dichte ist höher. Du kannst deine körperlichen Empfindungen achtsamer wahrnehmen, entwickelst ein „Ohr“ in deinen Körper hinein und nimmst Vorgänge darin besser wahr.
Bild: Polygon data were generated by Database Center for Life Science(DBCLS)[2]., Insula animation, CC BY-SA 1.0
Linkes Putamen
Die Putamen gehört zu den Kerngebieten des Großhirns. Hier geht es um das linke Putamen.
- Funktion: Hält die Aufmerksamkeit und die Steuerung von Bewegungsabläufen
- Meditation: Achtsamkeitsmeditation, Fokusmeditation
- Folge: Lange Meditationssitzungen ist fester Körperhaltung. Fokus kann lange Zeit im Hier und Jetzt gehalten werden.
Bild: Images are generated by Life Science Databases(LSDB)., Caudate nucleus, CC BY-SA 1.0
Rechter Hippocampus
Der Hippocampus ist die zentrale Schaltstation des limbischen Systems. Je Gehirnhälfte haben wir einen Hippocampus. Hier geht es um die Wirkung auf den rechten Hippocampus durch Meditation.
- Funtion: bewertet Situationen; Reguliert Erregungszustände
- Meditation: Halte deinen Körper entspannt, bewahre dir eine wache Aufmerksamkeit. Beobachte neutral aufkommende Emotionen und Gedanken
- Folge: Höhere Dichte an Gehirnzellen. Stressreduzierung, klare Reaktionen auf neue Situationen unter widrigen Umständen.
Bild: Images are generated by Life Science Databases(LSDB)., Hippocampus small, CC BY-SA 1.0
Rechter Thalamus
Der Thalamus bildet den größten Teil des „Zwischenhirns„. Hier geht es um den Thalamus in der rechten Gehirnhälfte.
- Funktion: Steuert als „Tor zum Bewusstsein“ die Weiterleitung von Sinneseindrücken in die Großhirnrinde. Rechter Thalamus wirkt auf die linke Körperhälfte und umgekehrt.
- Meditation: Fokusmeditation auf ein bestimmtes Objekt (z.B. Kerze, Foto, Mandala), Tratak-Meditation
- Folge: Stärkere Steuerung von Fokus und Aufmerksamkeit
Bild: Images are generated by Life Science Databases(LSDB)., Thalamus small, CC BY-SA 1.0
Kerngebiete im Hirnstamm
Der Hirnstamm besteht aus Mittelhirn, Brücke und verlängertem Mark.
- Funktion: Reguliert u.a. die Atmung und das Herz-Kreislauf-System
- Meditation: Tiefe und gleichmässiges Atmung während Meditationen
- Folge: Stimulierung und Harmonisierung von autonomen Kreisläufen im Körpersystem
Bild: Images are generated by Life Science Databases(LSDB)., Brainstem small, CC BY-SA 1.0
Rechter Mandelkern (Amygdala)
Die Amygdalae sind zwei mandelförmige „Kerne“ im Zentrum des Gehirns. Bei Verlust der beiden Amygdalae verschwindet auch die Fähigeit, Furcht und Angst zu verspüren, zwei mitunter lebensnotwendige Schutzmechanismen.
- Funktion: Emotionale Bewertung von Sinneseindrücken. Gilt als „Angstzentrum“. Hier werden Situationen und Eindrücke nach Gefahren bewertet und ggf. vegetative Abwehrmechanismen in Gang gesetzt.
- Meditation: Ruhemeditation, Meditation für Ausgeglichenheit
- Folge: mit dem Abbau des Stresspegels nimmt auch Nervenzellendichte im rechten Mandelkern ab.
Bild: Images are generated by Life Science Databases(LSDB)., Amygdala, CC BY-SA 1.0
So geht es weiter
Das sind nur 7 Beispiele, wie Meditation auf unser Gehirn wirkt. Ergänzend gibt es sicher noch viele mehr. Die Veröffentlichungen sind bis 2016 auf mittlerweile knapp 4000 Fachartikel über Studien angestiegen. In meiner Yogalehrer-Ausbildung wurde Meditation als die tägliche Reinigung des Geistes beschrieben, analog dem Zähneputzen. Dem kann ich nur zustimmen.
Ein alter Zen-Praktizierender sagte mir einmal, die wissenschaftliche Forschung sei ihm egal. Es sei ihm sogar lieber, wenn nicht alles erforscht würde, und manches für den Menschen „unbewiesen“ bliebe. Schließlich existiert das Wissen über Meditation, seine Techniken und Wirkungen seit hunderten von Generationen, auch ohne wissenschaftliche Beweise. Auch diese Seite nehme ich mir zu Herzen. Etwas wird nicht erst „wirklich“ oder „bewiesen“, wenn es „wisschenschaftlich“ anerkannt ist.
Finde deinen Weg, vielleicht auf der einen Seite, oder der anderen oder auch den Mittelweg dazu. Ich kann dir aber nur dazu raten: Das geht mit, aber auch ohne Religion, Spiritualität, Tradition und was auch immer für eine Richtung. Meditation geht einfach „so“. Probiere und eliminiere alle Wege, dir dich nicht zum Erfolg bringen. Übrigt bleibt der, der bei dir funktioniert.
Weiterführende Quellen:
Ulrich Ott, Meditation für Skeptiker*- Neurowissenschaft und Meditation, 2010/2015
Forschungsergebnisse zur Neurophysiologie – was hat das Gehirn mit Entspannung zu tun, Simon/Neubauer, 2014
*= Affilliatelink
Beitragsfoto: ผู้สร้างสรรค์ผลงาน/ส่งข้อมูลเก็บในคลังข้อมูลเสรีวิกิมีเดียคอมมอนส์ – เทวประภาส มากคล้าย, Phra Ajan Jerapunyo-Abbot of Watkungtaphao., CC BY 3.0